Obwohl der Wettbewerb ein ganz elementarer Bestandteil bei einem Poetry Slam ist, geht es eigentlich gar nicht so sehr ums Gewinnen. Vielmehr steht die gemeinsame Show im Vordergrund – und dass sowohl die Auftretenden als auch die Zuschauer:innen einen schönen Abend miteinander verbringen. Das spiegelt sich auch in den Preisen wider, die es üblicherweise zu gewinnen gibt. Denn oft sind es nur Kleinigkeiten wie die traditionelle Flasche Whisky, ein Buchgutschein oder ein selbstgebastelten Preis mit rein ideellem Wert. Ab und an gibt es zwar richtige Geldpreise zu gewinnen – das ist aber in der Szene eher verpönt, weil es schnell zu einer unangenehmen Form von Konkurrenz führen kann. Viele Veranstaltungen kommen sogar ganz ohne Preise aus oder bedanken sich lieber mit einer Kleinigkeit bei allen Poetry Slammer:innen des Abends. Das ist eindeutig die schönste Variante, wenn man den Künstler:innen etwas Gutes tun möchte.
Erfahrungen sammeln & ausprobieren geht über gewinnen. #
Es ist nicht immer ganz leicht, aber wenn du mit Poetry Slam startest, solltest du dich möglichst frei machen vom Drang zu gewinnen. Manchmal kann das ein guter Anreiz sein, um auf der Bühne alles zu geben. In den meisten Fällen erzeugt es aber einen unnötigen Druck und hemmt dich in deiner Entwicklung. Oft kommt es vor, dass erfolgreiche Slammer:innen lieber auf die etablierten Texte setzen, die schon bei zahlreichen Events super angekommen sind. Und eher davor zurückschrecken, mit neuen Texten oder außergewöhnlichen Ideen für den Auftritt zu experimentieren. Die “sichere Strategie” verhindert also die künstlerische Entfaltung, weil sie sich zu sehr aufs Gewinnen fokussieren. Dabei ist das mutige Ausprobieren genau das, was dich auf Dauer weiterbringt. Schieb also am besten den Gedanken an die Bewertung öfter mal beiseite und mach das, worauf du Bock hast. Sammle Erfahrungen, sei mutig und experimentierfreudig – solange du weiterhin hinter dem stehen kannst, was du auf der Bühne präsentierst. Und wenn es mal schiefgeht, ist das vollkommen in Ordnung. Du musst niemandem etwas beweisen.
Um immer wieder auftreten zu dürfen und auch mal neue Einladungen zu bekommen, musst du nicht ständig gewinnen. Ein spannender Stil außerhalb der Reihe macht dich auf Dauer sogar viel interessanter, weil du dich damit von anderen abhebst. Und beim Slam kommt es schließlich auf ein vielseitiges Line-up an, damit der Abend so richtig Spaß macht.
Doch ein kleiner Hinweis für später: Wenn du dir ein Netzwerk aufgebaut hast und du für größere Slams und Gagen-Auftritte eingeladen bist, kann es durchaus sein, dass die Veranstalter:innen dich mit einer bestimmten Erwartungshaltung eingeladen haben. Solltest du dann etwas völlig Abgefahrenes ausprobieren, was gar nicht gut beim Publikum ankommt, könnte das unangenehm sein. Deswegen frag im Zweifelsfall am besten einfach vorher nach, ob es bestimmte Wünsche für deinen Auftritt gibt. Oder kündige an, dass du gerne etwas Neues ausprobieren möchtest. So gehst du auf Nummer sicher, im Einklang mit der Veranstaltung zu agieren.
Gewinnen für & bei Meisterschaften im Poetry Slam #
Es gibt noch zwei Ausnahmen, bei denen die Punkte und das Gewinnen doch etwas wichtiger sind: Poetry Slams, bei denen du dich für Meisterschaften qualifizieren kannst, sowie die Meisterschaften selbst. Hier entscheiden die Siege darüber, wer antreten darf und wer beispielsweise einen Landesmeisterschafts-Titel und den damit verbundenen Ruhm einheimst. Hier darfst und solltest du also alles geben, um möglichst gut abzuschneiden. Es ist also vollkommen okay, wenn es dir hier ums Gewinnen geht. Setz dich nur nicht zu sehr unter Druck und bleib fair den anderen Teilnehmer:innen gegenüber. Denn im Backstage seid ihr immer noch ein Team, das gemeinsam eine großartige Show liefert.