Da uns diese Frage tatsächlich sehr häufig bei Veranstaltungen und im privaten Umfeld gestellt wird, möchten wir sie an dieser Stelle einmal ausführlich beantworten: Ja, man kann von Poetry Slam leben. Und wenn man sich als Künstler*in gut aufstellt, ist sogar ein recht ordentlicher Verdienst möglich. Doch das bekommt in der Realität nur ein kleiner Teil der Menschen hin, die du bei Poetry Slams antrifft. Und solltest du selbst einmal mit dem Gedanken spielen, dein Leben voll und ganz dem Poetry Slam zu widmen: Überleg es dir bitte wirklich gut. Denn von Poetry Slam zu leben, bedeutet nicht einfach nur auf Bühnen zu stehen und sich vom Publikum feiern zu lassen. Es ist harte Arbeit, auf vielerlei Weise. Und natürlich bedeutet es auch die üblichen Herausforderungen einer Selbstständigkeit: Finanzen im Auge behalten, sich pflichtbewusst um Steuersachen etc. zu kümmern und viel Marketing und Netzwerkarbeit. Schließlich lässt sich kein Geld verdienen, wenn dich niemand bucht und/oder deine Veranstaltungen immer nur sehr mau besucht sind. Außerdem solltest du mit einem gewissen Maß an Unsicherheit zurechtkommen. Denn anders als bei einem festen Job kommt das Geld nur dann, wenn du die entsprechenden Aufträge an Land gezogen hast. Was mal sehr gut laufen kann und dann auch mal wieder eine Zeit lang sehr enttäuschend. Sofern all das aber in Ordnung ist, kann Poetry Slam wirklich ein sehr cooler und dankbarer Weg sein, seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Wie das funktioniert, verraten wir dir auch in aller Kürze:
Wie Poetry Slammer*innen Geld verdienen #
Zuallererst: Mit normalen Poetry-Slam-Auftritten verdienst du meist gar kein bis wenig Geld. Die Szene lebt davon, dass wir lediglich für Fahrtkosten, Übernachtung und zum Teil ein kleines Taschengeld durch die Weltgeschichte fahren und bei anderen Veranstalter*innen auftreten. Sonst würde es gerade viele der kleineren Poetry Slams gar nicht mehr geben. Denn ohne eine fette Förderung oder ein Sponsoring ist das Budget meist sehr überschaubar. Nehmen wir beispielsweise einen Poetry Slam mit 6 Euro Eintritt und im Schnitt 80 Gästen: Das sind 480 Euro für Organisation, Fahrtkosten und ein kleines Catering. Schon eine wirklich kleine Gage von 50 Euro pro Person wäre bei 8 Auftretenden gar nicht machbar. Erst recht nicht, wenn noch Mehrwertsteuer auf die Tickets abgeführt werden muss.
Gagenauftritte bei Slam-Events #
Natürlich gibt es auch Slam-Auftritte mit Gage. Beispielsweise bei größeren Veranstaltungen oder Events mit Kooperationspartnern, wo auch mal eine Gage von 100 bis 300 Euro möglich ist. Manchmal sogar mehr – aber das kommt eher selten vor. Und nur von solchen Auftritten seinen Lebensunterhalt zu verdienen, kann ganz schön schlauchen und ist ziemlich riskant. Denn nehmen wir mal einen Schnitt von 200 Euro pro Auftritt: Dann brauchst du ca. 20 bis 25 Auftritte pro Monat, um ein Einkommen zu erreichen, das in etwa einem Job mit 1.800 bis 2.000 Euro Netto-Gehalt entspricht. Immerhin kommen in der Selbstständigkeit noch zahlreiche Abgaben etc. dazu. Und du solltest einen Puffer aufbauen, um auch in schlechten Monaten zurechtzukommen.
Solo-Shows #
Poetry Slammer*innen, die sich einen etwas größeren Bekanntheitsgrad erarbeitet haben, sind oft mit ihrem Soloprogramm auf Tour. Je nach Deal sind da auch mal 500 bis 1.000 Euro Abendgage möglich – also wesentlich lohnenswerter als reine Slam-Autritte. Aber dafür muss es gut laufen. Wenn dich niemand kennt und du nicht gerade ein Genie bist in der Bewerbung (oder entsprechende Veranstalter*innen hast), kommt auch nicht viel rein. Oder du wirst gar nicht erst gebucht. Hier ist also eine Menge Vorbereitung nötig.
Natürlich gibt es Slammer*innen, die den Durchbruch schaffen und keine Probleme damit haben, auch größere Veranstaltungssäle auszuverkaufen. Nur wird das wohl immer nur ein kleiner Teil der aktiven Slammer*innen bleiben. Und die meisten erfolgreichen Künstler*innen lassen Poetry Slam dann schnell hinter sich und sind zum Beispiel in der Comedy-Szene unterwegs. Bei Thorsten Sträter und Felix Lobrecht weiß heute kaum jemand außerhalb der Szene, dass sie eigentlich im Poetry Slam groß geworden sind.
Auftragsarbeiten für Institutionen & Unternehmen #
Wenn du nicht zu den Wenigen gehörst, die reich und berühmt werden, sind Auftragsarbeiten ein guter Schritt, um sich ein gutes Einkommen aufzubauen. Das bedeutet aber auch, die richtigen Ansprechpartner*innen zu finden und ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, an welchen Punkten und auf welche Weise du einen wertvollen Beitrag mit deiner Bühnenkunst leisten kannst. Damit ein Unternehmen oder eine Institution eben guten Gewissens einen entsprechenden Betrag in dich investiert. Dabei musst du dich natürlich wohlfühlen damit, im Sinne eines Projektes zu agieren und die eigenen Vorstellungen etwas zurückzustellen. In einem Rahmen, der für dich vertretbar ist – immerhin sollte sich niemand „verkaufen“. Wenn du da die richtigen Schnittstellen findest und gerne thematisch arbeitest, kannst du mit Auftragstexten + Auftritt durchaus vierstellige Gagen verdienen. Nur wird das vermutlich nicht allzu häufig vorkommen. Immerhin gibt es nicht so viele von diesen Jobs und andere Personen in der Szene, die sie ebenfalls gerne übernehmen.
Workshops #
Viele Poetry Slammer*innen verdienen ihren Lebensunterhalt hauptsächlich mit Slam-Workshops an Schulen und bei anderen Gelegenheiten. Das macht ziemlich viel Spaß – ist aber alles andere als leicht verdientes Geld. Immerhin musst du dich gut vorbereiten und hier wesentlich länger als nur ein paar Minuten vor deiner Gruppe „auf der Bühne stehen“. Dafür bringen längere Projekte ab und an mal ein bisschen finanzielle Sicherheit. Was dann die Ruhe und Zuversicht gibt, um sich in anderen Bereichen weiter voranzutasten. Oder wieder ein paar mehr unbezahlte Slam-Auftritte zu machen, bei denen du dich nach niemandem richten musst. Und ganz das machen kannst, was dir selbst wichtig ist.
Buch- & Lizenzeinnahmen #
Wenn du erst mal ein eigenes Buch herausgebracht hast, kann dadurch regelmäßig ein bisschen Geld reinkommen. Wobei das Buch dafür natürlich entsprechend oft gekauft werden muss – was bei dem riesigen Markt durchaus eine Kunst für sich ist. Das Gleiche gilt für Lizenzeinnahmen über Medienplattformen. Kann funktionieren. Nur um wie Felix Lobrecht eine Show auf Netflix unterzubringen, ist es ein ganz schön weiter Weg (und ohne Management sowieso so gut wie unmöglich).
Veranstaltungen #
Wer das Interesse dafür entwickelt und gut organisieren kann, landet im Poetry Slam schnell auf der Veranstalter*innen-Seite. Mit entsprechendem Geschick gelingt dann das eine oder andere große Event, wo am Ende eine schöne Summe überbleibt. Nur Veranstalter*innen-Rolle bedeutet wirklich viel Arbeit, eine Menge Verantwortung und mit dem poetischen Künstler*innen-Leben hat es nicht mehr so viel zu tun. Dafür ist das Gefühl schon sehr cool, wenn du eine geile Show auf die Beine gestellt hast und alle glücklich sind.
Warum Poetry Slam als Job gut überlegt sein will #
Es gibt noch weitere Möglichkeiten, um mit Poetry Slam Geld zu verdienen, wenn du entsprechend kreativ bist. Doch soll der kurze Einblick fürs Erste reichen. Wenn du mehr wissen möchtest, sprich uns gerne an. Was wir nur vor allem sichtbar machen möchten: Poetry Slam als professioneller Job ist viel mehr als das, was man von außen sehen kann. Und die erfolgreichsten Künstler*innen sind meist diejenigen, die auch im Büro sitzen können und die ganze Arbeit im Hintergrund gewissenhaft erledigen. Das gehört am Ende alles dazu. Außerdem müssen wir bereit sein dafür, uns jeden Tag neu zu erfinden. Denn Geld zu verdienen ist nur möglich, wenn unsere Zuschauer*innen mögen, was wir tun. Und das kann sich mit der Zeit verändern. Sodass auch wir uns verändern müssen – und idealerweise so, dass wir uns weiterhin wohlfühlen damit. Wenn das alles zu einem passt und genug Risikfreude vorhanden ist: Dann kann man von Poetry Slam leben.